Rottweil, die älteste Stadt Baden-Württembergs, hat eigentlich längst keine Brauerei mehr. Dennoch gibt es in der Kleinstadt am oberen Neckar ein süffiges Bier, das den „Bürgersleut‘“ vor allem an ihrem wichtigsten Fest die Kehlen benetzt – während der Fastnacht – dann schenken Rainer Prinzing, Michel Hertkorn und Holger Rabenstein ihr selbst gebrautes Bier aus.
Wie es so weit kommen konnte? Irgendwann in den Achtzigern ließen Hertkorn und ein Studienkollege in Karlsruhe nach einer Studentenfete ein volles Fass Bier mitgehen, leerten es recht fix – und beschlossen, es selbst wieder aufzufüllen. „Mein Mitbewohner war Chemiestudent, und ich habe mir den Rest in der Uni-Bibliothek angelesen“, erzählt Hertkorn.

Mit den vorhandenen Töpfen der WG, dem Herd, ein paar Stoffwindeln und einem gehörigen Maß an Improvisationstalent entstanden so die ersten eigenen fünf Liter Bier.
Zu wenig, um das Fass zu füllen, aber genug, um die Bierbrauerleidenschaft für ewig zu wecken. „Mein Kumpel hat bald das Chemiestudium geschmissen und wurde in Weihenstephan Diplombierbrauer“, erzählt Hertkorn lachend. Er selbst zog hingegen sein Elektrotechnikstudium durch, begann aber nach der Rückkehr in seine Heimatstadt Rottweil das Bierbrau-Hobby auszubauen.
Einige Jahre später stieß Rainer Prinzing dazu. Dieser steuerte einen 100 Liter fassenden Kochtopf des Stadtjugendrings bei und eine Wanne, die er beim Altmetall fand. Hertkorn versah das Ganze mit einem Brenner, am Ende konnten die beiden pro Brauzyklus immerhin 50 Liter Bier produzieren. Über den ehemaligen Studienfreund von Hertkorn kamen die passionierten Hobby-Brauer an einen ausgedienten Tank und diverse andere Utensilien, die allesamt aus Beständen geschlossener, kleinerer Brauereien stammten.
Als Brauraum dienten schon mal ein altes Chemielabor in der ehemaligen Pulverfabrik im Rottweiler Neckartal, die Waschküche eines Jugendheims in der Nachbargemeinde oder das stillgelegte Betriebshaus eines kleinen Wasserkraftwerks am Neckar. Mittlerweile braute man in einer Größenordnung von 350 bis 400 Liter, was locker ausreichte, um bei privaten Festen den Durst zu löschen.